Die Gedanken des Skippers

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Ich bin 1940 geboren und seit 1957 Automobilkaufmann. Das Hobby Segeln habe ich seit ca. 30 Jahren. Angefangen hat alles auf einem der holländischen Binnenmeere. Dann kam das eigene Segelboot, eine Neptun 21, Kielschwertboot mit Schlupfkajüte. Zweimal wurde vergrößert, Neptun 24 und 26 Motorsegler, danach wurde nur noch gechartert, mal Mittelmeer, mal Nord- oder Ostsee. Immer größer wurden die Charter-Schiffe, immer kam etwas Neues hinzu, Nachtsegeln, der erste Törn ohne Küstensicht, dann "Inselfinden" und immer war der Wunsch nach einer ganz langen Segelreise da, nach einer Weltumseglung, nach einer.......

Wem die Geschichte zu lang zum "offlinelesen" ist, der kann sie im Download laden und dann in aller Ruhe lesen.

Wie so viele Segler, so quälte auch mich lange, lange Zeit der Gedanke wie es wohl sein würde, auf einem Schiff zu leben, den Atlantik zu überqueren oder sogar um die Welt zu segeln.

Immer wieder gab es gute Gründe in meinem Leben, den Traum einer Atlantiküberquerung hinauszuschieben; eine neue Liebe, ein neuer Job oder ein auch ein junger Hund.

Als ich 57 Jahre geworden war, wurde mir klar: "Wenn Du es nicht bald tust, wirst Du es nie mehr tun" und ich fasste den Entschluss den Atlantik zu überqueren. Nicht mit dem Flugzeug, nicht mit dem Kreuzfahrtdampfer, nein mit einer kleinen Segelyacht. Als Skipper, mit einer guten Mannschaft und guter Vorbereitung musste es gelingen und ich begann zu planen. Es stand für mich fest, dass ich nicht bei einem Profisegler als Mannschaft mitsegeln würde, ich wollte es selber tun, selber skippern, nur das war die Erfüllung des Traums.

Vorbereitung Nr. 1 war die Einstimmung zu Hause, meine Lebenspartnerin war schwer zu überzeugen, aber nach einiger Zeit sah sie wohl ein, das ich tun musste, was ich träumte.

Wenn Bekannte, Freunde oder Verwandte mich fragten warum ich das denn tun wolle, sagte ich immer nur: "Ich muss es tun, weil dieser Ozean mir einfach im Weg ist, weil er mir sonst immer im Weg sein wird."

Reinhold Messner hat auf die Frage; warum er die achttausender Berge dieser Welt besteigt einmal geantwortet: "Weil sie da sind" in diesem Sinne verstand ich auch meine Antwort.

Schnell stellte ich fest, dass es gar nicht so einfach war ein Schiff dafür zu finden, ein Charterschiff. Meine Tochter Marika, die ich schnell zur Teilnahme begeistert hatte, sah sich auf der Messe in Hamburg um und wurde auch bei einem Hamburger Unternehmen, der Charter – Hanse fündig. Die Yacht eines Schweizer Eigners sollte dafür zur Verfügung stehen. 

Die "Boot 1998" in Düsseldorf gab uns Gelegenheit noch mal bei allen grossen Charterfirmen nachzufragen, aber niemand wollte oder konnte uns eine geeignete Yacht zu einem realisierbaren Preis vermieten. Überall sahen wir nur Unverständnis in den Gesichtern der Charterboot-Verkäufer: "Eine Yacht wollen Sie in die Karibik segeln, und das möglicherweise umsonst?" wurden wir immer wieder gefragt und auch als wir sagen, das wir dafür zahlen wollten, fanden wir trotzdem kein Schiff das dafür zur Verfügung stand.

Also gingen wir zum Stand der Charterhanse und verhandelten über die Yacht mit Schweizer Flagge. Zu teuer erschien uns der Preis von DM 15.000,-- für 4 Wochen und, siehe da, die Charter -  Hanse bot uns eine Bavaria 41 an.

Eine Bavaria 41 die im Herbst 2000 ab Portugal in die Karibik gehen sollte. 

Fünf Wochen Charter sollten 9.690,-- DM kosten, ein Superpreis und wir buchten sofort. Der Vercharterer war die Firma Algariate Lda.  (siehe Linkliste) in Portugal und damit hatten wir ein Problem.

 Wie sichert man die Anzahlungen gegen Konkursverlust ab. Trotz Nachfrage bei der Yacht, bei Banken und dem Verband der Charterfirmen fanden wir keine Lösung. Die üblichen Konkursausfall- oder Insolvenzversicherungen greifen nur dann, wenn der Vercharterer auch Reiseveranstalter ist, das heisst für Flüge und alle anderen Dinge verantwortlich, das war hier aber nicht der Fall.

In langen Verhandlungen mit dem freundlichen Herr Jürgen Terrey von der Firma Algariate, er spricht als Deutscher unsere Muttersprache, ereichten wir die Übereinkunft, dass uns der deutsche Yachteigner genannt würde und wir den grössten Teil der Zahlungen sehr spät leisten konnten.

Nun hieß es eine Mannschaft finden, die Vorbereitungen planen und die Termine festzulegen. Dr. Andreas Reichert, der Lebensgefährte meiner Tochter, und sein Freund Dr. Christian Röthig waren schnell dabei und wir alle suchten im Bereich der Freunde und Bekannten nach weiteren Mitseglern, wurden aber nicht fündig.

Schon früh hatten wir Kontakt zum deutschen Yachteigner und erfuhren von diesem, zu unserem Schreck, dass er die Yacht nicht mehr für Atlantiküberquerungen zur Verfügung stellen wolle. 

Angeblich war ihm der Verschleiß auf diesen Törns zu hoch und wir vereinbarten mit ihm, im Mai 2000 in Portugal, eine Besichtigung der "Tordo", so hiess unser Charterschiff, vorzunehmen.

Christian Röthig und ich flogen also im Mai nach Portugal und besichtigten die Tordo. Für ein Schiff, das gerade von einer West-Ost Überquerung zurück kam war die "Tordo" in einem sehr guten Zustand und ein befürchteter Rumpfschaden stellte sich als Kleinigkeit im Innenschalenbereich heraus. Wir kontollierten das Schiff genau vermassen alle Stauräume, die Kojen, die Kabinen und notierten und fotografierten alles was uns wichtig erschien.

Wir können im Nachhinein diese Verfahrensweise, vor einem so langen und ungewöhnlichen Segeltörn, nur empfehlen. An Hand der Fotos war ein genauer Stauplan möglich und wir wussten schon weit vor unserer Abreise, wo sind die Batterien, das Funkgerät, die Küche etc., wie sind die Segel, was muss unbedingt vorher noch repariert und erneuert werden usw. Kurzum die Reise nach Portugal war die Flugkosten wert und wir konnten außerdem dem deutschen Eigner berichten, dass sein Schiff hervorragend gepflegt und im besten Zustand sei. Er war dann auch sofort mit einer weiteren Überquerung einverstanden.

Dieses Problem war gerade ausgestanden, als ich, Ende Juni, bei einer Untersuchung durch einen HNO-Arzt die Diagnose bekam: Krebs in der Halsmandel. Behandlungsdauer 4 bis 5 Monate. 

Aus!  Aus der Traum!  Aus der Traum, vorbei!

Der Chefarzt im Krankenhaus, selber Segler, verkürzte die sonst üblich Wartezeit bis zur Operation von sechs bis acht Wochen auf eine. Fünf Bestrahlungen statt drei oder vier pro Woche verkürzten die Nachbehandlung, so dass ich Ende August meine Erholungszeit beginnen konnte.

Von wegen Erholung, jetzt begann die heiße Phase der Vorbereitungen. Schon im Juni hatten wir über das fantastische Medium Internet zwei weitere Mitsegler gefunden. Karin Schwan und Patrick Otto, die aber aus zeitlichen Gründen nur von den Kanarischen Inseln aus mit segeln konnten. Mit allen Mitseglern, wir waren jetzt ja schon sechs, trafen wir uns nach meiner Operation im Sauerland, schlossen den Crewvertrag und verteilten die Aufgaben.

Marika: Navigation. Karin: Kasse. Patrick: Dieseltechnik und Rechtsfragen, besonders Fragen der Ein- und Ausklarierung, Flaggenrecht etc.. Andreas: Sicherheit und Wetter. Christian nur eine Aufgabe, aber eine gewaltige: Proviant und Wasser! Und für mich blieb: Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten in der Karibik und Koordination als Skipper. Fast täglich gingen E-Mails zwischen den Seglern und mir hin und her, wurden Tips und Erkenntnisse ausgetauscht, es war eine sehr spannende, aufregende Zeit.

Sponsoren ermöglichen uns das Ausleihen und leihweise Erwerben von Notfall-Medikamenten im Wert von weit über DM 2.500,-- (Apothekenpreis weit höher) die Firma Mestemacher in Gütersloh bot uns ihr weltweit bekanntes, haltbares Brot in Dosen zum Sonderpreis an. (siehe Linkliste und Erfahrungen), bei Fastnet-Radio im Hamburg (siehe Linkliste und Erfahrungen) wurde ein Notfundgerät (Epirb) gemietet und Versicherungen für Krankenbehandlung im Ausland einschliesslich Rettungsrückflug und Skipperhaftpflicht (siehe Linkliste – Pantaenius) wurden abgeschlossen.

Marc-Jan Beuteler und Paul Pijpers, zwei junge, segelerfahrene Holländer wurden unsere Mitsegler von Portugal nach Lanzarote. So waren wir auf der ganzen Strecke sechs Segler, wenn auch in Lanzarote zwei Leute ausgewechselt wurden.

Am 11. Okt. 2000 gingen wir, Marika, Andreas, Christian und ich auf die Reise von Düsseldorf nach Vilamoura, Portugal. Per LTU ging`s per Flugzeug nach Faro. Schwierigkeiten mit den Gaspatronen unserer Rettungswesten und dem gemieteten Rettungs- funkgerät (Epirp von Fastnet Radio – siehe Linkliste) löste die LTU sehr kundenfreundlich. Die Zeit die wir in Portugal hatten nutzten wir zum Einkauf von Lebensmitteln für die lange Reise.

Nach meiner Planung sollten wir am 14. Okt. gegen Mitternacht den Hafen in Vilamoura verlassen. Leider ging das erst ein paar Stunden später, weil das Schiff, unsere Bavaria 41 "Tordo" erst im letzten Augenblick von einer anderen Chartertour zurückkam und dann noch vom Vercharterer gesäubert und technisch überprüft werden musste. Trotz der kurzen Zeit erledigte Herr Terrey  mit seiner Firma Algariate das hervorragend. 

Das Beladen des Schiffs mit unserem persönlichen Gepäck und den Lebensmitteln für, vorsichtshalber 35 Tage, klappte dank der guten Planung von Christian perfekt.

Sonntag morgen, 15. Okt. 2000. Wir waren endlich auf dem Atlantik. Kein Wind, Regenwetter. Also los unter Motor, dann kam Wind – aber erst fast gegenan. Nur langsam legte der Wind zu und drehte immer mehr, am zweiten Tag war er endlich richtig. Portugiesischer Norder.

Wir segelten nach Süden, Südwesten, in Richtung der Kanarischen Inseln, nach Lanzarote. Wind fast achterlich, fünf bis sechs, auffrischend auf sieben, hohe, sehr hohe Welle achterlich, Kotzkurs!

Sechs Leute, drei Tage seekrank. (Erkenntnisse lesen!)

Wir segelten trotz der Seekrankheit, im steten Wachwechsel, Meile um Meile nach Süden, dem schönen Wetter entgegen.

Aber erst mal war frieren angesagt, dickes Ölzeug und nächtliche Temperaturen um die 8 Grad, da war man froh, wenn die Wache vorbei war und man in die Koje konnte, eine Mütze voll Schlaf nehmen.

A propos Schlaf, ich empfehle dem Leser den Auszug aus Marika`s Tagebuch: "Neulich in der Mischmaschine" zu lesen, dann weiß man, was es heisst auf einer Segelyacht, die im Atlantik segelt, zu schlafen.

Nach drei Tagen wurde das Wetter sommerlich, Sonnenschein, vier bis fünf Wind und die Seekrankheit war wie weggeblasen, als nach zwei weiteren Tagen die Kanarischen Inseln in Sicht waren, kam Eurphorie auf, wir hatten den ersten Teil unserer Reise geschafft.

Während der ganzen fünf Tage hatten wir ziemlich viel Schiffverkehr um uns herum und mit den grossen Frachtern, Tankern und Container-Linern auch viel Telefonkontakt. Wetterberichte von den Grossen sind auch für Segler interessant und die Funker der grossen Schiffe wollten immer wissen; Sailer, woher kommt ihr, wohin geht ihr?

Unsere Ankunft in Lanzarote war, wie sollte es anders sein, gegen 3 Uhr morgens, warten im Vorhafen, dann liefen wir im hellen Sonnenschein in den Haupthafen ein. Wasser übernehmen, Frischware wie Obst und Gemüse einkaufen, Diesel tanken, die beiden holländischen Mitsegler verabschieden und die beiden neuen begrüssen. Das füllt einen Tag schon gut aus.

Gegen Mitternacht liefen wir von Lanzarote aus, zunächst in Richtung der Kapverdischen Inseln, also weiter nach Süden, bzw. Süd-Süd-West. In Höhe der Insel Fuerteventura sahen wir für 21 Tage das letzte Schiff, einen großen Fischtrawler, der uns aber keinen Wetterbericht gab. Aber das Wetter war eh einfach gut, klarer Himmel, vier bis fünf Windstärken von achtern und moderate Welle. Oder hatten wir uns an die gewaltigen Atlantikwellen zwischenzeitlich nur gewöhnt?

Unsere neuen Mitsegler kämpften mit der Seekrankheit und Karin sollte das Übel bis zum Ende der Reise nicht loswerden. Aber die alte Crew aus Portugal traf es nicht mehr, uns waren die Seebeine gewachsen.

Noch fünf Tage segelten wir an der afrikanischen Küste entlang um dann irgendwann den Wind zu folgen, der immer mehr aus Afrika, als für uns von Backbord blies.

Als der Wind stabil aus Osten kam, drehten wir ab nach Westen. St. Lucia wir kommen!!! Kurs jetzt nur noch West.

Plötzlich war viel Bewegung um das Schiff herum, Delphine, dreißig, vielleicht vierzig von Ihnen spielten um das Schiff herum.

Es sind unsere einzigen wirklichen Freunde im Meer und wir Menschen behandeln sie so schlecht. Mal waren sie unsichtbar unter dem Schiffsrumpf, mal sprangen sie vor Lebensfreude aus dem Wasser. Es war als versuchten sie in das Schiff, in die Plicht hinein zu sehen. (bitte klickt in der Linkliste doch mal "Rettet die Delphine an")

Wenn sie aus dem Wasser hochsprangen und wieder mit lautem Platschen in die Wellen eintauchten, glaubte man ihre Lebensfreude zu spüren.

Wir hörten ihr Pfeifen, Ihre Verständigungslaute und wir begriffen immer weniger, wieso man sie jagen und fangen kann oder einfach als "Beifischmenge" in Schleppnetzen umkommen lässt.

Dann waren sie weg. Sie hatten uns verlassen und waren verschwunden in der unendlichen Weite dieses riesigen Ozeans, auf dem wir nur ein winziges Pickelchen, ein verlorenes Staubkorn waren.

Tage später besuchte uns ein Wal, etwa acht Meter war er groß stellten wir anhand unserer Schiffslänge fest und er begleitete uns für eine Stunde.

Immer wieder schwamm er unter dem Schiff durch, drehte dabei seinen weissen Bauch nach oben und wir erkannten die Einzelheiten genau, aber konnten ihn trotzdem nicht fotografieren, das Wasser war zu unruhig.

Während er so unter dem Schiff durch tauchte, dachten wir an den dünnen Plastikrumpf, an unseren Kiel, was konnte der Bursche mit seiner Kraft nicht alles anrichten!

Anhand von Büchern stellten wir zu Hause fest; es war ein Minkwal.

Geangelt haben wir auch und ein paar mal erfolgreich, eine Bereicherung der Speisekarte waren die Stachelmakrelen allemal.

Insgesamt 22 und einen halben Tag waren wir unterwegs von Lanzarote bis St. Lucia. Tage im steten Wachwechsel, im immerwährenden Wechsel zwischen Wachen, Schlafen und Freizeit. Selbst die seekranke Karin machte brav ihre Wachen.

Der Wachplan

24 bis 3 Uhr,

3 bis 6 Uhr,

6 bis 11 Uhr,

11 bis 13 Uhr,

13 bis 15 Uhr,

15 bis 18 Uhr,

18 bis 21 Uhr.

21 bis 24 Uhr,

Durch diesen, etwas seltsam anmutenden, Wachrhythmus war gewährleistet, dass jede Wachmannschaft die Wache von sechs Uhr morgens bis um elf an jedem dritten Tag machen durfte. Diese Wache war, obwohl fünf Stunden lang, die schönste. Es war die Zeit mit dem herrlichen Sonnenaufgang, die Wache in der Zeit der Morgenkühle, denn am Tag war es sehr, sehr heiß in diesen Breitengraden, die wir mittlerweile erreicht hatten.

Nach 18 Tagen Passatwind wurde der Wind immer schwächer, blies nur noch mit ein bis zwei Windstärken und das Schiff schaukelte in der alten Welle die von keinem Wind mehr zu Bergen von fast zehn Metern aufgetürmt wurde, wie es vorher war.

Nach einigen Stunden war das Meer glatt wie ein Baggersee am Sonntag. Dieses riesige, unendliche Meer, dessen lange, oft mehrere hundert Meter lange Wellentäler wir herunter gesurft waren, dessen hohe Berge das Schiff immer und immer wieder genommen hatte, war einfach eingeschlafen und lag bleiern und ruhig, fast bewegungslos unter dem Schiff.

Zwei Tage hielt die Flaute an, es war Badezeit. Zwei Leute zur Beobachtung an Deck, vier durften, selbstverständlich angeleint, schwimmen gehen.

Dann kam Aufregung in die Decksmannschaft, ein Schiff näherte sich. Nach zwanzig Tagen auf See der erste Kontakt mit einer menschlichen Stimme. Nachdem wir alle wieder an Deck waren, nahmen wir Kontakt auf, es war ein russischer Tanker, der sich näherte um zu sehen was mit der treibenden Yacht, ohne gesetzte Segel wohl los war. Sein Wetterbericht bestand nur aus einem kurzen: "The weather will be fine." Was wohl auch den Regen einschloss.

Regen hatten wir schon länger als ständigen Begleiter. Je näher wir dem Sonnenparadies Karibik kamen, je mehr nahmen die kurzen, immer von sehr heftigen Winden, ja Sturmboen, begleiteten tropischen Gewitter zu und wir hatten schon so manche nächtliche Wache im Regenzeug verbracht. Tagsüber genossen wir den duschwasserwarmen Regen im T-Shirt, die folgende Sonne trocknete es minutenschnell.

Wind kam auf und trieb uns die letzten Seemeilen voran bis der langerwartete Schrei kam: "Land in Sicht." Tätsächlich konnten wir St. Lucia sehen, als flachen, dunklen Rand am Horizont und Christian hatte es zuerst gesehen.

Stunden dauerte es nach der Landsichtung noch, bis wir das Nordkap der Insel runden konnten und dann sind es noch ein paar Meilen bis zum Hafen. Meilen die jeder genossen hat, aber auch zu Ende wünschte.

Es war geschafft, wir lagen sicher vertäut im Hafen von Rodney Bay, ich hatte die Einreiseformalitäten erledigt und jetzt kam, worauf die Crew sich schon lange freute. Traditionsgemäss warf die Crew ihren Skipper nach erfolgreicher Fahrt ins Wasser, ins Wasser mit voller Montur, Rettungskragen, Sicherheitsleine, Schuhe, Hut etc.

Das Gefühl diese Reise geschafft zu haben ist grandios, ein Crewmitglied umschrieb es später so: "Ich bekam das Grinsen tagelang nicht aus dem Gesicht." Aber es gibt auch ein tiefes Gefühl der Traurigkeit; alles vorbei, wofür man monatelang geplant, gedacht und gelebt hatte.

Da unsere Überfahrt durch günstige Winde sehr schnell und demzufolge auch sehr kurz war, hatten wir noch ein paar Tage, die in der Karibik versegelt werden konnten, die Traumbuchten St. Lucia`s standen auf dem Plan, Marigot Bay, Anse de Piton, Chastanet und Hummingbird Bay.

Palmen wuchsen dort auf weissen Stränden, beugten sich ins Meer hinein und die Segelyachten lagen im glasklaren, ruhigen Wasser dieser hurricansicheren Naturhäfen vor Anker. Wirklichkeit gewordene Postkartenansichten waren unsere Umgebung.

Wir hatten sie gefunden, die paradiesischen Inseln der Westindies, den Traum des Columbus.

Dann ging`s für zwei Tage zur Nachbarinsel, nach Martinique, hier begleiteten uns zwei neue Mitsegler, Dr. Angelika Reichert, die Schwester von Andreas und Wilfried Grubba. Angelika war aus den USA und Wilfried aus Deutschland eingeflogen um mit uns ein paar Tage zu verbringen.

Auf Martinique erlebten wir dann ein Beispiel "europäischer Gründlichkeit" und das auf dieser Paradiesinsel der Karibik.

In unseren Schiffspapieren befand sich ein Dokument über die Schiffsregistrierung. Leider nur eine Kopie und als der Emigrations-Officer auf Martinique dieser Kopie ansichtig wurde, forderte er uns im barschen Ton auf ein Original-Dokument vorzulegen und als ich dies auf Anhieb nicht konnte, wollte er uns von der Marine-Gendarmerie auf die hohe See zurückbringen lassen.

Der Hinweis darauf, das wir schliesslich EG-Bürger sind, beeinflusste seine Meinung überhaupt nicht. Martinique ist als französisches Departement Teil der EG und wir sind schließlich Bürger dieser Gemeinschaft.

Aber für ihn war Vorschrift wichtiger als Staatsangehörigkeit. Erst nach langem Suchen im Schiff fanden wir das Original und konnten ihn beruhigen und für eine Nacht dableiben.

Wir waren froh, als wir wieder im karibischen St. Lucia ankamen, dort reichte die Kopie und der Officer im Hafen begrüsste uns wie alte Freunde.

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